Grußwort zum Prozessbeginn und der Kundgebung vor der JVA Leipzig am 05.12.2025 um 18 Uhr
Liebe Genoss:innen und Freund:innen, Lieber Paul – Ich hoffe du kannst diese Zeilen hören!
Ein weiteres Mal melde ich mich aus dem Untergrund zu Wort. Diesmal ist der Hintergrund die beginnenden Prozesse in Dresden und Düsseldorf gegen ebenfalls im Antifa Ost Komplex Beschuldigte. Am Dienstag den 27.11.2025 startete der wohl größte Prozess gegen Antifaschist:innen in den letzten 30 Jahren vor dem Oberlandesgericht Dresden. Beschuldigt der Bildung einer kriminellen Vereinigung und diverser anderer Delikte soll nun Paul und 6 weiteren Beschuldigten circa 2 Jahre lang der Prozess gemacht werden.
Seid über 2 Jahrzehnten waren nicht mehr so viele Genoss:innen in Deutschland inhaftiert. Gleichzeitig befindet sich die revolutionäre Bewegung in einer Phase der Defensive. Es ist nur möglich aus dieser Phase wieder heraus zukommen, wenn wir Hebel und Argumente entwickeln, die dem Faschismus und dessen entstehender Massenbasis tatsächlich etwas entgegen setzen. Wir müssen erkennen, dass die bürgerliche Demokratie immer eine Basis für faschistische Bewegungen darstellt. Das Erstarken des Faschismus ist in diesen Zeiten von Krieg und Krise nicht verwunderlich, denn er hat eine ökonomische Grundlage. Im Zuge einer Zuspitzung zwischen unterschiedlichen kapitalistischen Machtblöcken und einer Desillusionierung immer mehr Menschen über die vermeintlichen Vorzüge des Kapitalismus wird der Faschismus wieder zur Herrschaftsoption. Wir als Antifaschist:innen wollen ein gutes Leben für alle. Wir müssen aber verstehen, dass dieses gute Leben für alle, niemals in der kapitalistischen Scheindemokratie zu finden sein wird, sondern ausschließlich im Sozialismus. Wenn wir den Faschismus besiegen wollen, besteht automatisch die Notwendigkeit sich revolutionär zu organisieren. Denn es ist notwendig, antifaschistische Praxis ernsthaft und auf eine langfristige Perspektive auszurichten. Diese antifaschistische Praxis bedeutet aber eben nicht nur gegen die Nazis militant vorzugehen, sondern dies im Schulterschluss mit revolutionärer Basisarbeit zu tun, um den Massen auch ideologisch eine Alternative bieten zu können. Am Ende ist es nicht nur unser aller Pflicht die Rechten anzugreifen, ihre Netzwerke aufzudecken und sie zurückzudrängen, sondern auch den Kapitalismus als Nährboden des Faschismus zu stürzen.
Diesen Kampf konsequent zu führen bedeutet am Ende auch große individuelle Einschnitte zu verkraften. Am meisten bekommen das aktuell die Inhaftierten zu spüren. Besonders jetzt, wenn in Dresden die ersten Verhandlungstage vergangen sind und die ersten Prozesstage in Düsseldorf kurz bevorstehen bin ich jeden Tag und jede Stunde in Gedanken bei euch. Auch wenn die jahrelange kräftezehrende Solidaritätsarbeit sich in der aktuellen Begleitung eurer Prozesse etwas niederschlägt, hoffe ich, dass euch viel Solidarität zu Teil wird und die Einsamkeit in Haft punktuell durchbrochen werden kann.
Ich habe mich sehr über die Prozesserklärungen gefreut die 3 der Beschuldigten persönlich verlesen haben. Weitergehend denke ich ebenfalls das es wichtig ist diesen Prozess politisch einzuordnen. Einzuordnen in die Strategie des deutschen Staates, abschreckende präventive Signale gegenüber der antifaschistischen/revolutionären Bewegung zu senden und unsere Bewegung mit vielfältigsten Mitteln der Repression handlungsunfähig zu machen.
Mit großem Interesse habe ich mehrere Beiträge verfolgt die genau an einer solchen Einordnung mitwirken möchten. Einerseits der Beitrag der Genossin, die ihren Erfahrungsbericht zum Antifa Genclik Verfahren veröffentlicht hat und sich auf das Thema von Aussagen und Einlassungen konzentriert hat. Außerdem der Text zum Thema einseitige Solidarität vom Arbeitskreis Untergrund. Es ist unerlässlich das wir voll umfassendere Antworten auf die aktuelle Repressionswelle finden und es schaffen wieder in die Offensive zu kommen. Ich rufe euch alle (ob draußen, in Haft oder sonstwo) dazu auf an der Diskussion zum Umgang mit Repression aktiv mitzuwirken. Besonders Widersprüche und deren Lösung kann dabei eine große Rolle im Wiederaufbau einer starken Bewegung spielen.
Euch allen steht jetzt eine weitere schwere Phase bevor. Trotz alledem dürfen wir nicht aus den Augen verlieren welche Stärke die gegenseitige Solidarität und Liebe zueinander uns spenden kann.
Es komme was wolle!
Gemeinsam stehen wir gegen ihre Repression.
Liebe Grüße an alle aus der Ferne!
Hier noch der Aufruf zur Kundgebung morgen:
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