Systematische polizeiliche Verfolgungen von Unschuldigen („Restverdacht“)

Neben dem polizeilichen Führungszeugnis gibt es weniger bekannt die KAN-Akte, in der man bereits registriert wird, wenn man z. B. per Anzeige beschuldigt ist (auch wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, man also de facto unschuldig ist).

KAN heißt „Kriminalaktennachweis“, offiziell Kriminalaktennachweis/INPOL (INPOL = Informationssystem der Polizei). Einen Eintrag in die KAN-Akte bekommt man, wenn man z. B. (zu Unrecht) per Anzeige eines Vergehens beschuldigt wird. Das heißt für alles, was mit der Polizei zu tun hat, aber ohne Verurteilung bleibt (nicht im polizeilichen Führungszeugnis auftaucht); Ausweiskontrollen finden hier keinen Eingang, der KAN-Eintrag wird hier aber wohl abgefragt.

Zum Beispiel werden auch Ereignisse wie die Einlieferung in eine Psychiatrie mittels Polizei in der KAN-Akte registriert und mind. zehn Jahre gespeichert. Wenn man zehn Jahre keinen neuen Eintrag bekommt wird der Eintrag gelöscht, kommt aber ein neuer Eintrag hinzu, bleiben auch alte Einträge bestehen bis der jüngste Eintrag zehn Jahre alt ist. Man kann Akteneinsicht verlangen (in Bayern z. B. §65 PAG; Kopie des Ausweises beilegen) und eine Löschung bereits vor Ablauf der zehn Jahre begründet beantragen (ohne Bezug auf einen Paragraphen möglich; ab fünf Jahren wahrscheinlicher). Allerdings wird nach Auskunft eines Bekannten (privat) der Eintrag wohl nicht gelöscht, sondern nur dahinter „gelöscht“ geschrieben (Begründung der Polizei: Personalmangel).

Mit Hilfe der KAN-Akte lassen sich bei einem Verdacht Personen verfolgen, die tatsächlich aber ja zu Unrecht beschuldigt worden waren. Z. B. gab es einmal den Fall, dass ein Voyeur nicht gefasst werden konnte. Da ein Psychiatrie-Erfahrener früher wegen einer akuten psychischen Krise nackt auf der Straße herumlief, und dies polizeilich durch die KAN-Akte bekannt war, ist dieser im Zusammenhang mit dem Voyeurismus polizeilich vorgeladen worden.

Wer sich für seine Eintragungen in die KAN-Akte interessiert, dem wird empfohlen erst Einsicht zu beantragen und dann die Löschung. Sonst kann es sein, dass der Antrag auf Löschung ohne Erfolg bleibt. Begründung sollte sich auf mögliche künftige Verdachtsfälle beziehen und warum ein Restverdacht unbegründet ist (u. U. im Sinne eines „unbescholtenen Bürgers“: Man hat Familie, Arbeit, steht stabil im bürgerlichen Leben...)

Tatsächlich hat sich bis jetzt kein Jurist gefunden, der die KAN-Akte einer Einschätzung z. B. in einer Publikation unterziehen wollte.

Langsam scheint die Politik und damit die Öffentlichkeit aber auf die KAN-Akte aufmerksam zu werden. Z. B. hier: https://www.die-linke-bayern.de/aktuell/presse/detail/news/register-zu-g....

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